Der fliegende Holländer

 

 

 

 

 

 

Superbus TU Delft - modellbus.info

 

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Abschließende Testfahrten mit dem Superbus.

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Ok, fliegen kann er nicht, aber mit 250 km/h ist er verdammt schnell. Von 0 auf 100 in gerade mal 36 Sekunden. Kein Wunder, der Superbus ist ja auch das Ergebnis eines Astronauten und Studenten der Technischen Universität Delft.

 

 

 

 

 

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Mehr als ein Hingucker: Der Superbus...

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...hat auch einen beeindruckenden Fahrerarbeitsplatz.

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22. September 2010, 12 Uhr mittags, High-Noon. Spannender hätte ein Termin für die Vorstellung eines Busses nicht gewählt sein können: In Halle 16 auf dem Messegelände in Hannover wird während der IAA 2010 Busgeschichte geschrieben, denn der Superbus ist da! Voller Stolz zieht der ehemalige Astronaut Wubbo Ockels zusammen mit seinem Team das Tuch vom Prototypen. Erst geht ein Raunen durch die Messehalle, dann folgt Applaus.

 

 

 

 

 

Superbus TU Delft - modellbus.info Professor Wubbo Ockels TU Delft Superbus IAA 2010 - modellbus.info

Weltpremiere für den Superbus: IAA-Hannover 2010, 22. September 2010, 12 Uhr

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Das, was Professor Ockels an der Universität in Delft zusammen mit Studenten und Spezialisten auf die Räder gestellt hat, sieht aus wie aus einem Science-Fiction-Film: 15 Meter lang, 2,5 Meter breit und nur 1,65 Meter hoch – formschön und aerodynamisch verpackt in eine futuristische Karosserie aus Fiberglas. Das Chassis aus Kohlenstoff, die Scheiben aus Polycarbonat, noch weniger Gewicht geht nicht. Gerade einmal neuneinhalb Tonnen wiegt der Superbus. „Der größte Faktor beim Gewicht sind neben den 23 Fahrgästen die Lithium-Polymer-Batterien des elektrischen Antriebes“, sagt Joris Melkert, der verantwortliche Projektmanager. Der Elektromotor ist 400 kW stark, zum Beschleunigen gibt es noch einmal eine Reserve und somit stolze 550 kW. Das macht immerhin gut 750 PS, die dank des elektrischen Antriebes eine ungeahnte Beschleunigung ermöglichen. Da ist dann wirklich nur noch das Fliegen schöner.

 
 

 

 

 

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Ingenieure und Wissenschaftler der TU Delft...

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...erstellen gemeinsam den Prototypen...

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...in den Werkstätten der Technischen Universität im niederländischen Delft.

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Der dreiachsige Superbus wird an allen sechs Rädern angetrieben, damit macht das Fahrzeug mit einer Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h sogar Schnellzügen Konkurrenz. Und selbst das Bremsen klappt problemlos: Nach weniger als 200 Metern steht der Superbus aus voller Fahrt – da machen die anzulegenden Sicherheitsgurte Sinn. Nach rund 220 Kilometern ist aber Schluss, dann muss auch der Superbus wieder an die Steckdose. Deshalb dachten die Entwickler neben der Batterie auch schon an die Brennstoffzelle.

 

 

 

 

 

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Theorie und Praxis: Technik kompakt verpackt.

 

 

 

 

 

Entworfen hat die Fahrzeugform Dr. Antonia Terzi, eine wahre Hochgeschwindigkeits-Spezialistin. Bevor sie den Superbus optimierte, verhalf sie BMW Williams als Aerodynamikerin zu geringen Luftwiderstandswerten. „Der Superbus hat einen geringen Luftwiderstand von weniger als 0,2 Cw, damit ist der Superbus sogar noch effizienter als ein herkömmlicher Pkw“ freut sich Dr. Terzi.

 

 

 

 

 

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Luftwiderstand minimiert: Mit 0,2 Cw sollte der Superbus über die Straßen fahren.

 

 

 

 

 

Auch sonst ist die Technik vom Feinsten, denn sie kombiniert das Beste aus der Formel 1 mit dem der Luft- und Raumfahrt. So erkennt das intelligente System beispielsweise die Streckenführung und lernt dabei, sodass es vorausschauend auf Hindernisse mit Hilfe eines Radars und entsprechender Sensoren reagieren kann. Mit über 750 Sensoren bleibt dem Superbus nichts verborgen.

 

 

 

 

 

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Erste Probefahrten bestärkten die Wissenschaftler von der Machbarkeit.

 

 

 

 

 

Der Dreiachser kann auf ganz normalen Straßen fahren, versichert der Professor. Es sei aber auch ein spezielles optisches und magnetisches Leitsystem entwickelt worden, sodass der Superbus automatisch gesteuert auf seiner eigenen Trasse fahren kann – die nötige Infrastruktur sei entgegen bekannten Systemen schnell und preiswert installiert. Auch hier hätte die Luft- und Raumfahrttechnik wieder einmal Pate gestanden, versichert Wubbo Ockels.

 

 

 

 

 

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Projektskizze mit allen Details.

 

 

 

 

 

Generell scheint nichts dem Zufall überlassen zu sein, seit das Projekt Superbus im Juli 2006 startete. Unterstützt wird der ehemalige Astronaut von der Niederländischen Regierung und dem Bus-Unternehmen Connexxion, die zusammen schon insgesamt knapp 10 Millionen Euro Startkapital bereit gestellt haben. Auch der holländische Reifenhersteller Vredestein engagiert sich und hat für den Superbus die Reifen mit einer Dimension 315/50 ZR 22 entwickelt. Der extragroße Busreifen hat einen Durchmesser von 87,5 Zentimetern und soll dank des niedrigen Rollwiderstandes den Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren. Jeder Reifen ist auf eine Höchstlast von 1600 Kilogramm ausgelegt, der Zusatz ZR ist der Geschwindigkeitsindex und verweist auf über 240 km/h.

 

 

 

 

 

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Aus der Universität direkt auf die Straße: Einzelradaufhängung und extragroße Busreifen mit niedrigem Rollwiderstand.

 

 

 

 

 

Dass Schnelligkeit ein Grundgedanke des Superbusses ist, erkennt man auch an den acht Flügeltüren an jeder Seite. Nur so sei ein schnelles Ein- und Aussteigen möglich. Der Fahrgastraum hat nichts mehr gemein mit dem eines Linienbusses. Wubbo Ockels spricht hier treffenderweise  auch von einer Kabine. So wie in einem Privatjet sitzen die Fahrgäste im Superbus in einer großzügig ausgestatteten Business-Class auf lederbezogenen Einzelsitzen. Da die Sitzverteilung einen Mittelgang überflüssig macht, ist der Superbus extrem stromlinienförmig. Dennoch fehlt im Innern nichts: Weder auf die Klimaanlage, noch auf die bekannte Unterhaltungselektronik in Ton und Bild oder den Internetzugang muss der Fahrgast des Superbusses verzichten.

 

 

 

 

 

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Neben Flügeltüren und komfortable Ledersitzen...

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...gab es ausreichend Platz und modernste Unterhaltungselektronik im Superbus.

 

 

 

 

 

„Eine der Ideen des Projektes besteht darin, Individual- und öffentlichen Verkehr miteinander zu verbinden“, sagt der Professor. Und das gilt nicht nur für die Ausstattung, sondern auch für die Technik. Man ahnt es schon: Auch hier half Bewährtes aus der Luft- und Raumfahrttechnik. Durch intelligente Routingsysteme sollen die Fahrgäste der einzelnen Superbusse in den Abfahrtstädten so ausgewählt werden, dass sich für alle Beteiligten möglichst kurze, schnelle und effiziente Verbindungen ergeben. Selbstverständlich ist das Mobiltelefon in das System integriert. Wer sich als Fahrgast anmeldet, erhält eine Nachricht, wann und wo er in den Superbus einsteigen kann.

 

 

 

 

 

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Auch für eine ganzjährig frei befahrbare Trasse hatte die Universität ein Konzept entwickelt.

 

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Das Foto von Jan Osterhuuis zeigt den Superbus in der Innenstadt von Groningen.

 

 

 

 

 

Ein tolles Projekt, das es aber leider nicht in die Praxis geschafft hat. Weder die Trasse im Norden der Niederlande, weder ein Probebetrieb sind realisiert worden. Das Verkehrsministerium in den Niederlanden hat sich nicht dazu entschieden, den Superbus als Angebot zwischen Amsterdam und Groningen zu initiieren. Und das, obwohl der Ansatz im Vergleich zur Magnetschwebebahn oder klassischen Bahn deutlich flexibeler und finanziell preiswerter darzustellen war. Und es wäre eine echte Innovation gewesen, die Menschen zum Umsteigen in den Bus zu bewegen.

 

 

 

 

 

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Das Team hinter dem Superbus: Joris Melkert, Prof. Wubbo Ockels und Dr. Antonia Terzi.

 

 

 

 

 

2013 hat die Technische Universität das Projekt offiziell beendet. Der Triebmotor hinter dem Projekt, Prof. Wubbo Ockels, ist im Mai 2014 verstorben. Auch wenn der Superbus heute eingemottet in einer Garage in Delft steht, die Idee hinter dem Projekt ist lebendiger denn je: Viele Denkanstöße sind 2014 auf der IAA im Zusammenhang mit autonom fahrenden Fahrzeugen zu sehen gewesen.

Rüdiger Schreiber

 

 

 

 

 

 

 

 

Anm.: Der Artikel ist eine aktualisierte Fassung meines Artikels aus der Fachzeitschrift BUSFahrer 01-2011

 

 

 

 

 

((C) Text: Rüdiger Schreiber, Bildmaterial: Jan Osterhuuis, Rüdiger Schreiber, TU Delft)

 

 

 

 

 

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